(Potentilla erecta (LINNÈ) RAEUSCHEL)
Bei der Blutwurz handelt es sich um eine 10 bis 40 cm hohe mehrjährige krautige Pflanze. Sie bildet einen kräftigen kriechenden Wurzelstock (Rhizom). Der Wurzelstock ist kräftig und unregelmäßig. An frischen Bruch- oder Schnittstellen tritt ein blutroter Saft (= Tormentillrot) aus. Die dreizähligen Rosettenblätter sind grobzähnig und langstielig. Die ca. 1 cm großen Blüten entspringen den Blattachseln und besitzen vier, manchmal auch fünf oder sechs gelbe Kronblätter. Die Blutwurz blüht von Mai bis Oktober. Andere Bezeichnungen für die Blutwurz sind: Rotwurz, Ruhrwurz, Natternwurz, Dilledapp.
Die Blutwurz ist in Mittel- und Nordeuropa beheimatet; im Kaukasus und in West-Sibireren wird sie angebaut. Sie gedeiht in Mischwäldern, Heiden, auf mageren Wiesen und an Waldrändern.
Potentilla erecta (LINNÈ) RAEUSCHEL
aus: Franz Eugen Köhler: Köhler´s Medizinal-Pflanzen in naturgetreuen
Abbildungen und kurz erläuterndem Texte (1883-1914) Gera
Die Blutwurz besitzt eine lange Tradition als Heilpflanze. Sie findet bereits Erwähnung in den Kräuterbüchern von Leonhart Fuchs (1543) und Adamus Lonicerus (1679). Einen ersten Hinweis auf die Wirksamkeit der Blutwurz bei Entzündungen der Mund- und Rachenschleimhaut findet sich bei Leonhart Fuchs, wo es unter anderem heißt: "das kraut un wurzel im mund gehalten und gekewet, heylet desselbigen faulen geschwär."
Medizinisch verwendet wird das schwarzbraune, von den Wurzeln befreite und in der Sonne getrocknete Rhizom.
Der Tormentillwurzelstock ist reich an Gerbstoffen vom Catechintyp. Weitere Inhaltsstoffe sind Flavonoide, Phenolcarbonsäuren, Saponine sowie Spuren von Ätherischem Öl.
Gerbstoffe gehören zur Substanzklasse der Adstringenzien. Adstringenzien sind Substanzen, die mit dem Eiweiß oberster Gewebeschichten reagieren, wodurch diese verdichtet werden und sich zusammenhängende feste Membranen bilden, die auch Koagulationsmembranen genannt werden. Dieser Vorgang wird als "Zusammenziehen" empfunden. Die Erregbarkeit der sensiblen Nervenendigungen wird verringert, was sich entzündungshemmend sowie schmerzlindernd auswirkt.
Blutwurz bzw. Blutwurz-Extrakte werden wie andere gerbstoffreiche Pflanzen (z.B. Eichenrinde, Ratanhiawurzel) äußerlich in Form von Pinselungen oder Spülungen bei Entzündungen der Mund- und Rachenschleimhäute eingesetzt, des weiteren zur Blutstillung, zur Wundbehandlung sowie innerlich bei unspezifischen Durchfallerkrankungen. In Laborversuchen zeigt die Blutwurz hemmend auf das Wachstum von Bakterien und Viren.
In einigen Regionen werden auch Liköre und Schnäpse aus der Blutwurz hergestellt, denen verdauungsfördernde Eigenschaften nachgesagt werden.
Foto: Jürgen Zilly